Ein Berufsbild im Wandel
Arzt ist einer der ältesten Berufe in der Geschichte der Menschheit. Und doch hat der Arzt von heute praktisch nicht mehr viel mit den Heilern der frühen Hochkulturen gemeinsam – außer dem Ziel: Menschen beim Erhalt oder der Wiedererlangung ihrer Gesundheit zu helfen.
Ein bärtiger Mann, der gewichtig drein schaut, Kompetenz und Autorität ausstrahlt. Er trägt einen weißen Kittel, um den Hals baumelt ein Stethoskop. So oder so ähnlich wird oft das klassische Bild des Hausarztes im 18. bis 20. Jahrhundert gezeichnet. In gesundheitlichen Fragen war er die erste und – vor allem in ländlichen Regionen – oft einzige Anlaufstelle. Diejenigen, die so krank waren, dass sie die Wohnung nicht verlassen konnten, besuchte er zu Hause und führte dort die notwendigen Behandlungen durch. Er nahm sich Zeit für seine Patienten. Oft kannte er sie persönlich, behandelte meist ganze Familien und wusste über die Krankengeschichte seiner Patienten Bescheid. Anamnesegespräche, wie sie heute oft üblich sind, brauchte es da selten.
Die Wissenschaft war noch nicht so weit, technische Geräte waren noch nicht erfunden oder zu teuer. So basierte die Diagnostik des Hausarztes noch im 20. Jahrhundert vor allem auf Erfahrung, erlerntem Wissen und zu einem ganz großen Teil auf persönlichem Gespür für den Patienten. Dadurch, dass der Arzt seine Patienten meist gut und lange kannte, konnte er ganz anders beurteilen, wie es um sie stand, als das heute oft der Fall ist.
Die Hausarztpraxis heute: schnelle Diagnostik statt individueller Betreuung?
Heute pflegen Ärzte zu ihren Patienten nur noch selten ein näheres Verhältnis. Zum einen ist ein einzelner Hausarzt bzw. Allgemeinmediziner heute für die Versorgung einer deutlich höheren Zahl Patienten zuständig als noch vor 30 Jahren. Zum anderen arbeiten niedergelassene Hausärzte zunehmend in großen Praxisgemeinschaften zusammen, sodass Patienten mitunter gar nicht jedes Mal vom selben Arzt behandelt werden. Dadurch entsteht Anonymität. Oft sind beim Arztbesuch ausführliche Anamnesegespräche notwendig, in denen der Patient zunächst einmal seine Situation schildert, damit der Arzt weiß, woran er ist. Dadurch bleibt im eng getakteten Terminplan vieler Hausarztpraxen oftmals nur wenig Zeit für die eigentliche ärztliche Behandlung und eine individuelle Beratung des Patienten.
Im Mittelpunkt des Arzttermins steht oft die Diagnostik. Die heutige Schulmedizin ist oft stark fokussiert auf Diagnosen und Befunde. Dazu stehen dem Allgemeinarzt heute zahlreiche technische Mittel zur Verfügung: Vom Langzeit-EKG über umfassende Labordiagnostik und Messungen der Lungenfunktion bis zu modernster Ultraschalltechnik kann der Hausarzt auf eine Vielzahl an technischen Geräten zugreifen, die ihm Daten liefern über den Zustand des Patienten. Eine viel und kontrovers diskutierte Frage dabei allerdings lautet: Lässt sich Gesundheit allein in technischen Daten messen?
Die Integrative Hausarztpraxis: breites Spektrum, ergänzende Möglichkeiten
Hier setzt die Integrative Medizin an. Sie verbindet konventionelle Methoden der klassischen Schulmedizin mit modernen komplementärmedizinischen Ansätzen. Das heißt, sie arbeitet naturwissenschaftlich und evidenzbasiert und ist gleichzeitig offen für erfahrungsbasierte Konzepte. Integrativ arbeitenden Hausärzten steht deshalb ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur Diagnostik und Therapie zur Verfügung. Sie schöpfen einerseits aus dem an der Universität erlernten schulmedizinischen Fundus und lassen andererseits auch alternative Ansätze in ihre Arbeit einfließen, um Lösungen für gesundheitliche Probleme zu finden.
Wichtige Methoden in der integrativen Hausarztpraxis sind – je nach individueller Ausrichtung – zum Beispiel neben klassischen schulmedizinischer Diagnostik und Therapie auch Ernährungsberatung, Neuraltherapie, Funktionelle Muskeldiagnostik, Ozontherapie, Colon-Hydro-Therapie, Akupunktur, mikrobiologische Therapie, Bioresonanztherapie, Magnetfeldtherapie oder auch technische Verfahren wie Messungen der Herzratenvariabilität. All diese Konzepte haben vor allem eines gemeinsam: Sie betrachten den Menschen in seiner Gesamtheit als komplexe Einheit aus biochemischen, strukturellen und psychischen Prozessen und Zusammenhängen. Sie gehen von Wechselwirkungen zwischen diesen drei Ebenen – Biochemie, Struktur, Psyche – aus und definieren Gesundheit als Zustand, in dem alle drei Seiten in Einklang stehen.
Ursachen beheben statt Symptome zu bekämpfen
Auch bei chronischen Erkrankungen kann der Einsatz integrativmedizinischer Verfahren sinnvoll sein. Auch die Integrative Medizin hält Methoden bereit, mit denen Probleme schon erkannt werden können, bevor sie so weit fortgeschritten sind, dass sich Symptome bemerkbar machen. In der Raumfahrtmedizin werden solche Verfahren wie etwa die Bioresonanztherapie bereits seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt.
Symptomatische Therapien können grundsätzlich nur Symptome bekämpfen, zum Beispiel vorübergehend den Schmerz lindern. Das kann auch sehr sinnvoll sein, um etwa Verspannungen zunächst einmal zu lösen und dazu beizutragen, dass der Mensch sich erst einmal besser fühlt. So eine Therapie setzt aber eben nur am Symptom an – die eigentliche Ursache des Problems wird nicht geklärt.
Für den Arzt steht dagegen immer die Suche nach der Ursache für ein Problem im Mittelpunkt. Methoden wie etwa die Funktionelle Muskeldiagnostik können dabei sehr nutzbringend eingesetzt werden und liefern diagnostische Möglichkeiten, die über den Fundus der konventionellen Methoden hinausgehen.
In der modernen Hausarztpraxis kann es hilfreich sein, klassisches schulmedizinisches Wissen durch komplementärmedizinische Ansätze zu ergänzen. Dadurch erweitert der Hausarzt sein Handwerkszeug und hat ganz einfach mehr Möglichkeiten, seinen Patienten bei verschiedensten und auch komplexen Beschwerden zu helfen.
Vorsorge im Fokus
Oberstes Ziel und Hauptaufgabe der Hausarztpraxis ist heute die Gesundheitsvorsorge. Der Hausarzt wird idealerweise nicht erst dann aufgesucht, wenn ein gesundheitliches Problem vorliegt, für das der Patient einen Rat braucht. Vielmehr kann eine regelmäßige hausärztliche Betreuung und Beratung stattfinden, die auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten ausgerichtet ist.
Gesundheitsvorsorge ist dabei nicht gleichzusetzen mit der Früherkennung von Krankheiten. Die Früherkennung ist ein wichtiger Bestandteil der Vorsorge, aber eben nur ein Aspekt. In erster Linie bedeutet Vorsorge, Krankheiten nicht bloß früh zu erkennen, sondern sie zu verhindern, und zwar durch eine individuelle Untersuchung und Beratung des einzelnen Menschen. Dieser Ansatz wird auch als Präventionsmedizin oder einfach Prävention bezeichnet.
Die Grundlage einer guten Gesundheitsberatung bildet vor allem das aktive Zuhören bzw. die Anamnese. Dies kann einer möglichen aufwändigen Diagnostik eine sinnvolle Richtung geben.
Menschen sind unterschiedlich, und genauso unterschiedlich sind auch die Maßnahmen, die jeder Einzelne ergreifen kann, um sein eigenes Leben gesund zu gestalten. Die Aufgabe des Hausarztes besteht darin, die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen des Patienten zu erkennen und zu analysieren, um darauf aufbauend ein maßgeschneidertes Vorsorgekonzept zu erarbeiten.
Die moderne Hausarztpraxis – mehr als ein Gesundheitsmanager
Eine moderne hausärztliche Betreuung rückt den Menschen wieder stärker in den Fokus. Der Hausarzt besinnt sich auf die Wurzeln seines Berufes und räumt dem Menschlichen ausreichend Platz ein.. Eine hausärztliche Betreuung braucht neben modernen technischen Mitteln vor allem auch Zeit. Zeit, um zu sprechen. Zeit für umfassende Untersuchungen. Zeit zur individuellen Beratung.
Der moderne, integrativ arbeitende Hausarzt setzt wissenschaftliche Erkenntnisse und technische Errungenschaften der Neuzeit gezielt in der täglichen Praxis ein, um ihnen dabei zu helfen, das wertvolle Gut Gesundheit zu erhalten.